Die Diagnose

Den Termin zur Untersuchung habe ich direkt für den nächsten Morgen bekommen. Auch wenn ich mit Nacktheit keinerlei Probleme habe, finde ich die Vorstellung, gleich die Hosen herunterzulassen und mich untersuchen zu lassen, irgendwie befremdlich und lächerlich.

"Dann zeigen se mal.", war dann wohl das Startkommando. Ich ziehe meine Hose aus und lege mich auf die Liege. Ein gekonnter Griff später war dem Doktor auch schon klar, dass er sich das ganze auf einem Ultraschallbild ansehen möchte. Der Doktor redet nicht lange um den heißen Brei und erklärt mir, dass ich mich darauf einstellen solle, dass ich einen Tumor am rechten Hoden habe. Im gleichen Atemzug sagt er, dass das erst einmal nichts ist, worüber man sicher weiter größere Sorgen machen sollte. Ein Hodentumor sei bei jungen Männern keine Seltenheit. Außerdem sei er zu nahezu 100% heilbar. Weiter empfiehlt er mir vorsichtshalber einen Termin im Kinderwunschzentrum zu machen und verweist mich anschließend für weitere Untersuchungen direkt ins Krankenhaus.

Nach weiteren Untersuchungen war klar, dass der Tumor schnellstmöglich operativ entfernt werden sollte. Genau genommen schon 3 Tage später. Die Assistenzärztin erklärt mir anhand einer Skizze, wie der Eingriff durchgeführt werden soll. Im Prinzip ein klassischer Routine-Eingriff. Ein kleiner Schnitt an der Leiste, durch den der Hoden freigelegt und entfernt wird. Um zumindest optisch noch über meine "vollste Männlichkeit" zu verfügen, entscheide ich mich, mir ein Hodenimplantat einsetzen zu lassen. "Also ich find' die super.", so die Assistenzärztin.

Von vornherein gehe ich relativ entspannt in die kommenden Tage vor der Operation und nehme die ganze Situation mit Humor. Ich rede offen mit meinem Umfeld darüber und informiere eigentlich jeden über meine aktuelle Situation. Jetzt fällt mir zum ersten mal auf, wie viele Männer tatsächlich betroffen sind. Gefühlt kennt jeder jemanden, der auch schon Hodenkrebs hatte. Und immer ging alles gut aus. Die meisten Betroffenen haben anschließend sogar noch auf natürlichem Wege Kinder bekommen. Trotzdem gehe ich morgen ins Kinderwunschzentrum. Sicher ist sicher.